die in der Not- und Katastrophenhilfe tätig sind. Das heißt, wir haben die Expertise für das Handeln in einer Flutkatastrophe. Und wir haben in unseren Verbänden ein großes Potential an haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden und an Infrastruktur. Es ging also zunächst darum, beides zusammenzubringen – und dies möglichst schnell, denn wir mussten sofort handlungsfähig sein. Die Partnerstrukturen vor Ort haben dabei enorm geholfen, wir hatten überall Strukturen und Kirchengemeinden, die in Hilfsmaßnahmen integriert wurden. Haben Sie die Expertise der internationalen Katastrophenhilfe in lokale Strukturen übertragen? SCHRÖDER: Wir mussten dabei nicht bei null anfangen. Die Erfahrungen der letzten beiden großen Fluten in Deutschland 2002 und 2013 haben geholfen. Es ging darum, daraus ein Programm abzuleiten: Welche Maßnahmen hatten sich bewährt und wo können wir ansetzen? Was können wir weiterentwickeln für die lokalen Verbände? Als Mitarbeiter von Caritas international bin ich auf der Bundesebene tätig, agiere in der Fluthilfe mit dem Diözesanverband und den Ortsverbänden. Meine Funktion ist daher eine koordinierende. Wir sind darauf bedacht, die Kolleginnen und Kollegen vor Ort zu unterstützen und durch die Expertise unseres Hilfswerkes einen Rahmen zu setzen, in dem wir diese Katastrophe gemeinsam bewältigen. Gleichzeitig können wir bei der Caritas auf gute Strukturen zurückgreifen und auf das Know-how in der allgemeinen sozialen Arbeit, in der Pflege, in der Familienberatung, aber auch in der Schuldnerberatung. KOTH: Wir hatten zwei erfahrene Kollegen aus dem internationalen Bereich, die seit zwanzig, dreißig Jahren in Krisenregionen der Welt tätig sind. Statt in Haiti und in der Ukraine waren sie jetzt eben in Nordrhein-Westfalen und RheinlandPfalz im Einsatz, um Lageeinschätzungen durchzuführen, Bedarfe zu erheben und den Partnern konkrete Hilfestellung zu geben bei der Umsetzung. Der Leitfaden, den wir nach den Flutkatastrophen in Deutschland 2002 und 2013 entwickelt haben, war eine gute Grundlage, so dass es sehr schnell losgehen konnte. Das Vorgehen in der Nothilfe ähnelt sehr dem in der internationalen Katastrophenhilfe: Auf lokale Strukturen zurückgreifen und nach dem Partnerprinzip arbeiten. SCHRÖDER: Ein gutes Beispiel dafür ist die Quartiersarbeit auf lokaler Ebene. Caritas und Diakonie sind in der Gemeindearbeit, in der Seniorenarbeit, der Jugendhilfe und in vielen anderen Bereichen tätig, in denen es stabile langjährige Netzwerke gibt. Diese Strukturen haben enorm geholfen, in der Nothilfe die besonders vulnerablen Gruppen und Personen ausfindig zu machen – und ihnen gezielt zu helfen. Und sie helfen auch dabei, im Rahmen von Katastrophenvorsorge künftigen Katastrophen vorzubeugen. KOTH: Ein großer Unterschied besteht darin, dass es in Ländern wie Bangladesch sehr viel häufiger zu Katastrophen kommt. Ich habe selbst in den Philippinen gearbeitet und gesehen, dass diese Länder uns um Jahre voraus sind, wenn es um Katastrophenvorsorge geht. Um vom globalen Süden zu lernen, hatten wir zu Beginn unseres Quartiersprojektes, welches die Katastrophenvorsorge umfasst, für mehrere Monate eine Expertin aus Indien hinzugezogen. Durga Mohanakrishnan unterstützte vor allem in den Bereichen Risiko- kommunikation und gemeindebasierte Ansätze. Das war auch deshalb wichtig, weil wir uns in Deutschland in einer trügerischen Sicherheit vor Katastrophen wähnen. Wer weiß heute noch, was welcher Sirenenalarm „Länder im globalen Süden sind uns um Jahre voraus, wenn es um Katastrophenvorsorge geht.“ 14 Aktionsbündnis KATASTROPHENHILFE
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